Kreta im II. Weltkrieg

Seit dem 29. Oktober 1940 stehen britische Truppen auf Kreta. Sie sind dort einen Tag nach dem italienischen Angriff auf das griechische Festland gelandet, um die Garantieerklärung an Griechenland von 1939 zu erfüllen und sich die strategisch wichtige Insel zu sichern: Wer Kreta besitzt, kann die Zufahrt zum Dodekanes und weiter ins östliche Mittelmeer kontrollieren. Für die Briten bedeutet Kreta mit seinem natürlichen Hafen in der Suda-Bucht zudem einen wichtigen Versorgungsstützpunkt für ihre Mittelmeerflotte, die den Nachschub für die Nilarmee zu sichern, Malta zu schützen und die italienische Flotte in Schach zu halten hat.

Nach der am 29. April 1941 abgeschlossenen Besetzung Griechenlands durch die deutsche Wehrmacht fliehen der König, die Regierung und Teile der Armee Griechenlands auf die Insel. Am Vorabend der deutschen Invasion sind dort ca. 28000 britische Soldaten (überwiegend Neuseeländer, dazu Australier und Engländer) und etwas mehr als 10000 Griechen stationiert. Sie sind nicht ausreichend ausgerüstet, insbesondere besaßen sie viel zu wenig Flugzeuge, hatten aber den großen Vorteil, dank Funkabhörung über die bevorstehende deutsche Aktion genau unterrichtet zu sein.

Am 20. Mal 1941 beginnt um 7.15 Uhr morgens das deutsche Unternehmen "Merkur", die bis dahin größte Luftlandeoperation der Geschichte, an der eine Fallschirmjäger- und eine Gebirgsjägerdivision (ca. 23000 Mann), annähernd 500 Transportmaschinen, über 100 Lastensegler und mehr als 600 Kampfflugzeuge beteiligt sind. Die Fallschirmjäger gehen an drei Punkten nieder: im Westen der Insel beim Flugplatz Maleme, zwischen Chania und der Suda-Bucht und im Raum Iraklion, später verstärkt durch eingeflogene Gebirgsjäger. Überall stoßen sie auf härteste Gegenwehr der Briten und erleiden große Verluste. Nur unter rücksichtslosem Einsatz von Menschen und Material, es gehen am ersten Tag ca. 170 Transportmaschinen verloren, können die Deutschen die Briten allmählich zurückdrängen. Am 23. Mai erreichen die Kämpfe ihren Höhepunkt, und am 26. Mai wird der Befehl zur Evakuierung der Briten und Griechen gegeben. Das Gros der Verteidiger zieht sich zur Südküste in den Raum Sfakia zurück, von wo die britische Flotte vom 29. Mai an die 16500 Mann nach Ägypten ausschiffen kann, 4000 weitere werden aus Iraklion evakuiert. 18000 Briten bleiben zurück.

Am 1. Juni 1941 ist Kreta in der Hand der deutschen und der zwischenzeitlich im Osten der Insel gelandeten italienischen Truppen. Die Briten und Griechen haben ungefähr 15000 Gefallene zu zählen, darunter auch 2000 Seeleute, die den Angriffen der deutschen Luftwaffe auf britische Schiffe zum Opfer fallen. Auf deutscher Seite sind annähernd 7000 Tote auf Kreta selbst und eine unbekannte Anzahl von Gebirgsjägern zu beklagen, die bei der Versenkung ihres Schiffskonvois durch die Briten ertrinken. Der deutsche Erfolg wird von der Goebbels-Propaganda sofort ausgiebig als eine der ruhmreichsten deutschen Waffentaten des Krieges ausgebreitet. Tatsächlich aber ist es eine der bis dahin verlustreichsten Aktionen der deutschen Armee, die sie zudem einer ihrer durchschlag kräftigsten Truppe beraubt: Von den Verlusten auf Kreta hat sich diese einzige rücksichtslos eingesetzte Fallschirmjägerdivision nie wieder erholt; ihre Eroberung Kretas spielt keine wesentliche Rolle mehr in der Kriegsführung der Achse und im weiteren Verlauf des Zweiten Weltkrieges.