Erdbewegungen auf Kreta

Die Insel Kreta liegt in einer der seismisch aktivsten Zonen des gesamten Mittelmeerraumes, nämlich genau dort, wo sich die jährlich einige Zentimeter nordwärts driftende Afrikanische Platte unter die am Südrand der Eurasischen Platte ausgebildete Ägäische Platte schiebt. Dieser Vorgang verläuft diskontinuierlich und nicht ohne Spannungen. Die Gesteinskörper sind nur bis zu einem gewissen Grad elastisch. Auch verhaken sich mehr oder weniger mächtige Schollen ineinander. Im Bereich der Gleitflächen bauen sich Spannungen auf, die sich nach Erreichen eines bestimmten Grenzwertes ruckartig entladen. Die Athener Erdbebenwarte verzeichnet monatlich bis zu 500 Erdstöße unterschiedlicher Stärke im Ägäischen Meer. Die Erdkruste ist in mehrere unterschiedlich große Kontinentalplatten gegliedert, die auf dem zähflüssigen Magma des Erdmantels schwimmen, gegeneinander driften oder aneinander entlangschrammen. Wenn das Gestein den Spannungen nicht mehr standhält, brechen Spalten auf. Die Energie entlädt sich und lässt die Erdoberfläche von einem Epizentrum aus erbeben.

In den letzten sechs Jahrtausenden ist die Insel Kreta mehrfach von schlimmen Beben erschüttert worden. Man nimmt an, dass die minoische Hochkultur nicht zuletzt auf Grund von derartigen Katastrophen untergegangen ist. Im 3. Jh. v.Chr. hat sich ein gewaltiges Beben ereignet, bei dem der Westteil der Insel angehoben wurde. Seit dem 13. Jh. ist Kreta von mindestens sechs schweren Beben heimgesucht worden, denen ein Großteil der einstmals prachtvollen Bauten der byzantinischen und venezianischen Periode zum Opfer gefallen sind. Beträchtlichen Sachschaden richtete ein Beben im Juni 1926 an. Zum letzten spektakulären Ereignis dieser Art kam es 24. Mai 1994, als ein Beben der Stärke 6,1 auf der nach oben offenen Richterskala die Insel am Südrand Europas aufs heftigste erschütterte. An diesem Montagvormittag um Zehn vor Zehn wurde die Inselbevölkerung von Panik erfasst. Vielerorts brachen die Stromversorgung und die Fernsprechverbindungen zusammen. Zahlreiche Häuser wurden zum Teil stark beschädigt. Schüler liefen schreiend aus ihren Klassenzimmern. Zum Glück waren keine Menschenleben zu beklagen.